Die Überlastung des deutschen Justizsystems hat spätestens in den letzten Jahren dramatische Züge angenommen. Auch wenn das Sprichwort „die Mühlen der Justiz mahlen langsam“ schon immer galt, sind die Wartezeiten, die heute mit Prozessen und Verfahren verbunden sind, deutlich zu hoch. Auch wenn es vielen Menschen übertrieben erscheint, gehen Experten hier von einem drohenden, teilweisen Staatsversagen aus. Insbesondere da die Judikative basierend auf den Vorgaben des deutschen Grundgesetzes auch eine aktive Rolle bei der Kontrolle der Politik haben soll und sie dieser nur noch unzureichend nachkommt.
Weitaus praktischer sind die Konsequenzen aber für Menschen, die selbst einmal mit der Justiz zu tun haben, etwa weil sie Klage erheben gegen den Staat, Unternehmen oder Privatpersonen. Hier können sich die Verfahren oft über mehrere Jahre erstrecken. Damit kann der eigentliche Sinn der Klage oft nicht mehr erfüllt werden.
Dramatisch ist zudem, dass viele Tatverdächtige in den letzten Jahren auf freien Fuß kamen, da die Strafverfahren zu lange dauerten. Da dies auch Gewaltverbrecher betreffen kann, wird schnell klar, dass sich hier schleunigst etwas ändern muss. Dies trifft natürlich auch für den entgegengesetzten Fall zu. Auch Unschuldige sitzen häufig lange hinter Gittern, weil das Gericht nicht in der Lage ist, zeitnah zu einem Urteil zu kommen.
Ganz besonders dramatisch ist die Lage dabei in Berlin. Hier hat das Kammergericht die Bearbeitung von Fällen zu einem großen Teil eingestellt. Als Folge gibt es für viele Verfahren schon seit über 3 Jahren kein Urteil. Hier sprechen Experten bereits von einer Kapitulation der Rechtspflege und haben damit nicht unrecht, denn wenn geltendes Recht nicht eingeklagt werden kann, entsteht in der Praxis ein rechtsfreier Raum, der von skrupellosen Akteuren ausgenutzt werden kann. Auch anderswo ist die Lage schwierig, so meldete etwa das Bundesland Nordrhein-Westfalen, dass 2023 über 200.000 Ermittlungsverfahren unerledigt seien. Dies ist eine beängstigende Zahl, die als eindrucksvoller Indikator zur aktuellen Lage der Rechtspflege in Deutschland dient.
Gründe und Folgen
Die Gründe des überlasteten Justizsystems sind weit gefächert. Zum einen gibt es auch in der Justiz einen akuten Personalmangel, der sich im Laufe der letzten Jahre immer weiter verschärft hat und auch in naher Zukunft nicht gelöst werden kann. Gerade Richter fehlen an vielen Gerichten.
Neben dem Personalmangel ist es aber auch die Politik, die aktiv zur Verschlimmerung des Problems beiträgt. Die Zahl der gültigen Gesetze, Verordnungen und Vorschriften steigt Jahr für Jahr unaufhörlich an, und dies hat ganz automatisch zur Folge, dass auch die Fälle der Rechtsstreitigkeiten immer weiter zunehmen.
Neben der Überlastung des Wohnungsmarkts trägt die Masseneinwanderung in unser Land auch zur Überlastung des Justizsystems bei. Die zahlreiche Asylverfahren und Entscheidungen zum Aufenthaltsrecht sorgen dafür, dass die Gerichte ihren Aufgaben nicht mehr in ausreichendem Maße nachkommen können. Die Folge ist auch hier, dass der Rechtsstaat ins Wanken gerät. Denn welchen Sinn machen Verfahren zum Aufenthalt einer Person in Deutschland, wenn sich das Verfahren ohnehin über Jahre hinzieht und in dieser Zeit völlige Unklarheit zum zu erwartenden Urteil herrscht? Wie grotesk dieses Problem ist, zeigt sich leider oft auch in der Abschiebung von in Deutschland integrierten Menschen, die schon seit Jahren hier leben. Diese können wegen Verfahren abgeschoben werden, die vor vielen Jahren geführt, aber nie abschließend beurteilt wurden.
Die Folgen sind auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland teilweise dramatisch. Unternehmen, die in Rechtsstreitigkeiten verwickelt werden, können ihre Rechte nicht in vollem Umfang wahrnehmen. Dies führt zu Wettbewerbsnachteilen und kann sogar zur Insolvenz und dem damit verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen führen.
Natürlich sind auch die Bürger angehalten, die Zahl der Klagen zu reduzieren und sich stattdessen außergerichtlich zu einigen. Nicht jeder missglückte Gebrauchtwagenkauf und jede Nachbarschaftsstreiterei gehören schließlich vor Gericht.
Entbürokratisierung und Digitalisierung als Lösung?
Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Überlastung des Justizsystems liegt in der Entbürokratisierung des Landes. Statt immer neue Gesetze zu beschließen, sollte sich die Regierung vor allem auch damit beschaffen, welche Gesetze abgeschafft werden können.
Möglich wäre damit:
- eine Entlastung der Polizei und der Gerichte
- die Entkriminalisierung der Nutzer
- ein besserer Jugendschutz
- das Steigern der Steuereinnahmen durch die Legalisierung des Handels
Die Entbürokratisierung würde zudem dazu beitragen, den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiver zu machen und dadurch neue Unternehmen anzulocken bzw. die Abwanderung von bestehenden Unternehmen zu verhindern.
Ein wichtiger Faktor ist in dieser Hinsicht zudem die Digitalisierung und damit verbundene Automatisierung von Prozessen. Leider hängt Deutschland im internationalen Vergleich hier noch immer weit zurück. Viele Prozesse, die in Deutschland noch immer in Papierform bearbeitet werden, sind in Ländern wie Estland durch eine umfassende E-Governance bereits völlig digitalisiert wurden.
Die Digitalisierung ersetzt die über ein Verfahren oder einen Prozess entscheidenden Richter nicht, erlaubt es diesen aber, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, administrative Aufgaben zu vereinfachen und sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren. Gleiches gilt natürlich auch für Richter, Anwälte und Gerichtshilfen.
Die Digitalisierung spielt zudem eine wichtige Rolle im besseren Verbinden verschiedener Justizbehörden. Auch hier kann, etwa durch einen automatischen digitalen Austausch zwischen Gericht und Polizei, viel Aufwand eingespart werden. Die begrenzten Personalressourcen können damit effizienter genutzt werden und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.